Medikamente und Therapien
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Das Posturale Tachykardiesyndrom ist derzeit noch nicht heilbar. Das primäre Behandlungsziel besteht daher in der umfassenden Symptomkontrolle, um den Betroffenen trotz ihrer Erkrankung ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen. Parallel dazu erfolgen die Ursachenforschung und die gezielte Therapie begleitender Erkrankungen.
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Ein multimodaler Therapieansatz ist erforderlich, da die meisten Patienten eine individuelle Kombination verschiedener Subtyp-Merkmale aufweisen. Die Behandlung muss daher stets personalisiert und an die spezifischen Bedürfnisse des Einzelnen angepasst werden.
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Während Lebensstilanpassungen eine wichtige Grundlage der Therapie bilden und die Symptomatik deutlich verbessern können, reichen sie in den meisten Fällen allein nicht aus. Glücklicherweise steht eine Reihe wirksamer Medikamente im Off-Label-Use zur Verfügung, von denen viele bereits in der hausärztlichen Praxis verschrieben werden können.
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Hausärzte nehmen eine zentrale Koordinationsrolle in der PoTS-Behandlung ein. Sie steuern nicht nur die medikamentöse Basistherapie, sondern organisieren auch die interdisziplinäre Betreuung durch Fachspezialisten wie Neurologen, Kardiologen, Endokrinologen, Humangenetiker oder Mastzellexperten. Dabei setzen sie die von den Spezialisten empfohlenen Therapiekonzepte in die Praxis um und gewährleisten so eine kontinuierliche, abgestimmte Behandlung.
Auswahl an Standardmedikamenten
In vielen Fällen ist eine Kombination verschiedener Medikamente notwendig, zum
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vermindern der exzessiven Herzrate (Betablocker, Ivabradin)
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erhöhen des Blutvolumens (z.B. Fludrocortison, Desmopressin, ggf. Erythropoetin bei bestehender Anämie, Natriumchlorid-Infusionen bei Bedarf, diese aber nicht erste Wahl oder dauerhaft))
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verbesserten Zusammenziehen der kleinen Blutkapillaren (Vasokonstriktion, z. B. Midodrin)
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Reduzierung des hyperadrenergen Zustands (z. B. Clonidin)
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erhöhen des venösen Rückflusses (Pyridostigmin)
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stabilisieren der Mastzellen (sehr oft ergibt sich dadurch eine weitere Verbesserung, selbst wenn keine Mastzellaktivitätserkrankung nachgewiesen werden konnte, z.B. H1 & H2 Blocker, Cromoglyzinsäure, Quercetin, Flavonide, Diamooxidase)
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Verbesserung des Brainfogs und der Hämodynamik ((z. B. Methyphenidat, Guanfacin)
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Verbesserung des Schlafs (z.B. Melatonin)
Leider ist bisher noch kein Medikament eigens für PoTS zugelassen worden, sondern die Verschreibung erfolgt im Off-Label-Use. Die Kosten für manche der Medikamente werden erst nach Beantragung von Krankenkassen übernommen.
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Diese Auswahl an Medikamenten ist nicht erschöpfend. Wichtig ist auch die Behandlung der Ko-Erkrankungen.​
Nicht selten wird beobachtet, dass Medikamente besser vertragen werden, wenn mit niedrigen Dosierungen begonnen und langsam gesteigert wird. Je nach Medikamentenhersteller können verschiedene Hilfsstoffe beigemischt sein. Bei Unverträglichkeiten kann daher ggf. ein Herstellerwechsel in Betracht gezogen werden.
Ärztlich verschreibungsfähige Therapien
Kompressionstherapie
Die wichtige Rolle der Kompression durch Kompressionskniestrümpfen, -Schenkelstrümpfe, -Strumpfhosen und/oder Bauchbinden, bei durch Versacken ebenfalls betroffenen Armen auch Armstrümpfe, ist nicht nur durch klinischen Erfahrungen, sondern durch aktuelle Studien bestätigt.
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Dabei kann als Faustregel gelten: Je stärker die Kompression, je mehr Bereiche genutzt werden, desto besser ist die Wirkung. Doch es muss auch immer auf die Verträglichkeit geachtet werden. Individuell kann die Bauchkompression stärker in der Wirkung sein, als die Kompression der Beine.

Infusionstherapie
Die intravenöse Gabe einer isotonischen Salzlösung (z. B. 1 Liter innerhalb einer oder zweier Stunden) bewirkt einen schnellen Effekt, der bei bestehendem PoTS länger als üblich anhält. Geeignet kann dies als Einmalgabe im Notfall sein.
Als Dauertherapie – einmal bis mehrmals pro Woche – zeigt sie zwar gute Ergebnisse, ist aber wegen der erhöhten Sepsis- und Thrombosegefahr keine Standardtherapie, besonders wenn ein dauerhafter Zugang gelegt wird. Im Ausnahmefall, wenn zuvor alle Medikamentenversuche keinen Erfolg gezeigt haben, kann die Infusionstherapie für stärker Betroffene ein Rettungsanker sein, der es Ihnen ermöglicht, überhaupt an einem normalen Leben teilzunehmen, bzw. ihnen ein Training ermöglicht.

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Bei Patienten mit chronischen, persistierenden und beeinträchtigenden Symptomen, welche durch Änderungen des Lebensstils und der obigen Therapien keine ausreichende Besserung erfahren, sollte an einen Versuch mit Immunmodulation gedacht werden.
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Sporttherapie
Die Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung einer körperlichen Fitness ist sehr wünschenswert bei PoTS – zur Verbesserung der Muskelpumpe und zur Vermehrung der Blutmenge.
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Gerade zu Beginn ist die individuelle Anleitung durch einen Sporttherapeuten sehr vorteilhaft. Um einen langfristigen Erfolg zu gewährleisten, soll das Training bei PoTS speziell angepasst werden und nicht nach sonst bei Sport üblichen Maßstäben durchgeführt werden.
Besonders wichtig ist die Mitarbeit eines Physiotherapeuten, vor allem bei gleichzeitig bestehendem Überbeweglichkeitssyndrom.
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Liegt PoTS zusammen mit einer ME/CFS-Erkrankung vor, welche sich durch eine Zustandsverschlechterung nach Belastung (PEM) auszeichnet, ist für diese Gruppe von einer allgemeinen Trainingsempfehlung unbedingt abzusehen. Zur Aktivitätenkontrolle empfiehlt sich Pacing als Methode.

spezielle Therapien bei Autoimmunerkrankungen
und/oder Neuropathien
