Leben mit PoTS
Anpassungen im Alltag/Lifestyle
PoTS ist zurzeit noch nicht heilbar. Das Ziel der Behandlung ist gleichzeitig zur Ursachenfindung und der Therapie der Ko-Erkrankungen, die Minimierung aller auftretenden Symptome, um ein weitgehend normales Leben zu ermöglichen. Dazu ist üblicherweise eine Kombination verschiedener Maßnahmen nötig. Da die meisten Patienten eine Mischung der Merkmale unterschiedlicher Untertypen aufweisen, muss die Therapie individuell angepasst werden.
Dabei kann nicht allein auf Medikamente gesetzt werden, sondern die Patienten müssen möglicherweise ihre bisherige Lebensweise ändern. Es braucht tatsächlich beides. Ohne Hydratation, mit ausreichendem Trinken, können die Medikamente ihre Wirkung nicht richtig entfalten.
Trigger vermeiden
Wenn Betroffene gefragt werden, was ihnen denn an Veränderungen ihrer Lebensweise aufgrund von POTS am meisten geholfen hat, dann steht die Vermeidung von Triggern an 1. Stelle.
Trigger können sein:

Dehydrierung

Hitze

langes Stehen, langes Sitzen

große Mahlzeiten,
evtl. sehr kohlenhydratreich

heißes Bad/Dusche

starke Sinnesreize

Schlafmangel,
langes Liegen am Tag

Alkohol

Infektion
Viele betroffene Frauen und Mädchen berichten von einer Verstärkung der Symptome zu Beginn oder kurz vor der Menstruation. Man geht davon aus, dass der normalerweise vor der Menstruation auftretende Progesteronabschwung dafür verantwortlich ist.
Blutvolumen/Rückfluss zum Herzen erhöhen

Ausreichend trinken
Das Ziel ist 2,5 bis 3 Liter pro Tag. Am besten schon vor dem Aufstehen ein großes Glas Wasser/Elektrolytlösung trinken. Das Trinken eines großen Glases kaltes Wasser kann bei manchem für
bis 3 Stunden die orthostatischen Symptome vermindern..

Die Salzaufnahme erhöhen
Das Ziel ist 8-10 gr Salz pro Tag zu sich zu nehmen; z.B. salziges Essen und Trinken bevorzugen, zusätzlich Salzen, Salztabletten, Elektroklyte einnehmen.
Gegenmanöver,
die Muskelpumpe aktivieren

Kompression nutzen
Kompressionsstrümpfe oder -hose (Klasse II, auf Rezept), Abdominalbinde/Abdominelle Leibbandage (auf Rezept)
oder Kompressions-Sportbekleidung, Mieder tragen, evtl. auch für die Arme.

Mit erhöhtem Oberkörper schlafen
Das Kopfende des Bettes erhöhen,
indem man das Bett schräg stellt.
Bei einem 2 m Bett das Kopfende um (10)-20 cm erhöhen
Bewegung, Training
Ein angepasstestes Trainingsprogramm beginnen: Vor allem aerobes Training, dabei unbedingt darauf achten, sich nicht zu überanstrengen.
Meist wird zu Beginn ein aufrechtes Training nicht vertragen, deshalb dann im Sitzen oder sogar Liegen trainieren.
Besonders Oberschenkel- und Wadenmuskulatur trainieren. Sich vom Physiotherapeuten gute Übungen zeigen lassen, evtl. kardiologische Reha, super ist Wasserjogging, Schwimmen, wenn möglich Krafttraining dazu nehmen.
Übungen Anleitung der ANS-Ambulanz Aachen
Vor jedem Training, vor jeder Anstrengend ausreichend trinken - niemals dehydriert trainieren!
Kann man nicht lange Stehen ohne zu Synkopieren, ein Stehtraining beginnen. Dahinter steht die Hypothese, dass der Körper bei PoTS Betroffenen sich in vielen Fällen selbst mit der Zeit mit unwillkürlichen Gegenmaßnahmen (Muskelanspannung der Beine) etwas helfen kann und damit in gewissen Rahmen Synkopen vermeiden kann. Bei gesunden Menschen muss der Körper dies nicht, deshalb haben mögllicherweise neu von PoTS Betroffene besonders große Probleme mit dem Stehen.
allgemeine Anleitung Stehtraining:
Beginnen Sie mit kurzen Intervallen des Stehens, z. B. 1-2 Minuten an die Wand lehnen, und erhöhen Sie allmählich die Zeit, die Sie aufrecht stehen, um Ihre orthostatische Toleranz zu verbessern. Führen Sie das Stehtraining regelmäßig durch, idealerweise täglich, um Ihre Fortschritte aufrechtzuerhalten und Ihre orthostatische Toleranz weiter zu verbessern.
Liegt PoTS zusammen mit einer ME/CFS Erkrankung (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) vor, welche sich durch eine Zustandsverschlechterung nach Belastung (PEM) auszeichnet, so ist für diese Gruppe von einer Trainingsempfehlung abzusehen. Zur Aktivitätenkontrolle empfiehlt sich Pacing als Methode.

Tägliche Entspannung, am besten mehrmals, ist sehr wichtig bei POTS, denn zu PoTS als Dysautonomie gehört in der Regel ein Ungleichgewicht zwischen Sympathikus und Parasympathikus.
Der Sympathikus ist dabei überaktiv. Um ihn zu dämpfen, am besten Entspannungsübungen regelmäßig über den Tag verteilen.
Vorschläge:
Atemübungen, ruhiges Stretching im Liegen, Muskelentspannung nach Jacobsen, Malen, Handarbeiten ...
siehe auch
Atemübung Anleitung der ANS-Ambulanz Aachen
Entspannung
Leben mit PoTS am Beispiel Schule
Schule mit PoTS
Für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit PoTS (Posturales Tachykardiesyndrom) ist Schule oft kein Ort des Lernens, sondern des Durchhaltens. Was viele nicht sehen: Hinter jedem Schulbesuch steckt ein enormer Kraftakt, denn PoTS bringt Symptome mit sich, die den Alltag massiv erschweren. Schwindel, Herzrasen, Konzentrationsprobleme, Kreislaufzusammenbrüche oder Erschöpfung sind keine Ausnahmen, sondern Alltag.
Gerade weil PoTS oft unsichtbar bleibt, wird es von außen schnell unterschätzt. Wenn Betroffene „normal“ aussehen, werden ihre Beschwerden nicht selten als Übertreibung, Ausrede oder psychisches Problem abgetan. Diese ständige Rechtfertigungslast macht krank, zusätzlich krank. Für viele Jugendliche wird Schule dadurch zur täglichen Belastungsprobe und zwar physisch wie psychisch.

Trotzdem orientiert sich das Bildungssystem bislang kaum an den realen Bedürfnissen der Betroffenen. Ob jemand am Unterricht teilhaben kann, hängt viel zu häufig vom Zufall ab: von verständnisvollen Lehrern und Lehrerinnen, engagierten Eltern oder einzelnen medizinischen Nachweisen, die nicht immer eindeutig zu erbringen sind. Strukturelle Unterstützung? Meist Fehlanzeige.
Und das hat Folgen:
Wenn junge Menschen mit PoTS keine faire Chance auf Bildung bekommen, verlieren sie nicht nur den Anschluss, sondern oft auch ihren Selbstwert. Ihre Entwicklung, ihre Perspektiven, ihr Platz in der Gesellschaft – all das steht auf dem Spiel. Die Verantwortung liegt nicht bei den Erkrankten. Sie liegt bei einem System, das sie zu oft übersieht.
Was Eltern tun können:
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Medizinische Informationen bereitstellen, idealerweise in verständlicher Form für Lehrkräfte
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Mit der Schule offen über den Gesundheitszustand und die Belastungsgrenzen sprechen
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Gemeinsam mit dem Kind Prioritäten setzen: Was ist im Schulalltag wichtig, was kann entlastet werden?
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Kontakte zu Ärztinnen oder Therapeutinnen vermitteln, falls Fragen zur Erkrankung bestehen
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Einen konstruktiven Dialog mit der Schule pflegen, ohne in eine Verteidigungshaltung zu geraten
Lehrkräfte können durch ein entlastendes Lernumfeld unterstützen:
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Sensibilisierung und Aufklärung der Lehrkräfte und Mitschüler über PoTS
(siehe auch PDF zum Ausdrucken: PoTS in der Schule - Orientierungshilfe für Lehrkräfte) -
Regelmäßige Kommunikation zwischen Schule, Eltern und Ärzten
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Nachteilsausgleiche gemäß Verwaltungsvorschrift
Konkrete Maßnahmen
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Unterrichtsanpassungen: u.a. flexible Pausen, angepasste Sitzmöglichkeiten (das Hochlagern der Beine erlauben, evtl. eine Liege bereitstellen), Trinken immer erlauben, angepasster Sportunterricht/ Sonderregelungen, reduzierte Anwesenheitszeit
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Schulalltag: u.a. Ruhezone für Erholungsphasen, Aufzugnutzung ermöglichen, lange Wege, langes Stehen und schweres Gepäck vermeiden, Hitzeexposition vermeiden
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Leistungsbewertung: u.a. verlängerte Bearbeitungsszeiten, alternative Formate
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Entsprechend den Nachteilsausgleichen können technische Hilfsmittel, organisatorische Anpassungen oder didaktisch-methodische Modifikationen zum Einsatz kommen.
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Hausunterricht oder digitale Lernkonzepte bieten Alternativen, wenn der Schulbesuch zeitweise nicht möglich ist (Blended Learning).
Alle Maßnahmen müssen individuell abgestimmt werden, da PoTS unterschiedliche Auswirkungen haben kann. Sie liegen in der Verantwortung der Schule.